Jubelstürme für Denis Matsuev

December 14 2014

Rund 800 Fans feiern den russischen Starpianist in der Stadthalle mit Ovationen

Gütersloh. Für Pathos hat Denis Matsuev wenig übrig. So umstandslos der russische Starpianist die Bühne betritt oder sie nach beendetem Spiel wieder mit knapper Verneigung verlässt - so schnell, dass die Beleuchtung kaum nachkommt - so direkt nimmt er sich auch die Werke dieses Abends in der Stadthalle vor.

Und da diese Schlachtrösser der Virtuosenliteratur von dem Musiker aus dem sibirischen Irkutsks mit beispielloser Grandezza bewältigt werden, bleibt den rund 800 Besuchern gar nichts anderes übrig, als den 39-Jährigen von Anfang an begeistert, am Ende gar euphorisch zu feiern.

Nach dem Konzert wurde Denis Matsuev vom Vorsitzenden des Forums Russische Kultur, Franz Kiesl, zum Ehrenmitglied ernannt.

Das Kammerorchester der Philharmonie Nowosibirsk wird am Freitag, 6. Februar, 20 Uhr unter Rainer Held Werke von A. Arensky und P. Tschaikowsky mit Musik der Schweizer Komponisten C. Rütti und C. Schürch kombinieren. Orgelsolist in der Stadthalle ist Martin Heini, Solopercussionist Mario Schubiger.

Modest Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung", für gewöhnlich kaum steigerungsfähiger Höhepunkt eines Konzertes, bringt Matsuev noch vor der Pause. Bereits der Einstieg gelingt ihm mit Peter Tschaikowskys "Dumka" höchst eindrucksvoll. Nicht nur, dass er für dieses einzige "Morceau de Concert", also auf virtuosen Effekt getrimmten Konzertstück des Komponisten, bereits manuell auf der Höhe ist. Auch den wehmütigen Charakter dieser "russischen ländlichen Szene" beschwört er mit sicherem Geschmack und ohne Larmoyanz.

Mussorgskis "Bilder" geht er in der "Promenade" mit flottem Tempo, fast ein bisschen beiläufig an. Doch wie er dann die Stolpereien des Zwergs in "Gnomus" kontrastreich herausarbeitet oder den Ochsenkarren in "Bydlo" klangmächtig rumpeln lässt, ist höchst beeindruckend. "Das alte Schloss" weiß er gänzlich unsentimental zu besingen, dankbar vergisst man, das Ravel in seiner Orchesterbearbeitung hier ein schluchzendes Saxofon einsetzt. Und eben das ist das Mirakel dieses Spiels: Nie den Eindruck zu erwecken, als spiele er einen Klavierauszug. Matsuev weiß um die kantigen Stärken des Originals und spielt sie prächtig aus. Undeutliches, Verwaschenes gibt es bei Matsuev nicht. Alles wird mit größter Klarheit herausgespielt. Die "Nachtseiten" dieser Musik wie die Schilderung der "Katakomben" gerät ihm indes ein wenig zu positivistisch, zu geheimnisarm. Doch die aus der Tastatur gemeißelte " Hütte der Baba Yaga" und die Klangkulisse, die Matsuev im "Großen Tor von Kiew" aufbietet, entschädigt dafür - und vor allem mit dem verstimmten Diskant des Flügels.

Noch mehr in seinem Element scheint Matsuev nach der Pause bei Rachmaninow. Die Auswahl an Etüden und Preludes werden unter seinen Händen zu kostbar klingenden Kleinoden, fast eines Horowitz würdig. Und in der gewaltigen 2. Klaviersonate verwandelt er das Klavier zum schönsten aller Orchester.

Riesiger Beifall nach den ersten Zugaben, darunter Liadows "Spieluhr", die am Stadthallen-Steinway irgendwie passend verstimmt klang, steigerte sich zu einem in Gütersloh wohl noch nie so erlebten Jubelexzess, als Matsuev über Ellingtons "Take the A-Train" scheinbar rasend, und doch kontrolliert improvisierte. Gewaltigeres Klavierspiel ist kaum denkbar.


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