"Musikantischer Schwung für Verbunkos und Alphorn-Klänge"
Daniel Ender, "Der Standard"March, 6, 2011Die Wiener Symphoniker mit Dirigent Adam FischerWien - Johannes Brahms, Franz Liszt und Zoltán Kodály: Vieles trennt diese drei, die jetzt von den Wiener Symphonikern in ihrem Musikverein-Zyklus gemeinsam vor den Wagen gespannt wurden. Und dennoch gibt es - trotz aller Stilunterschiede - auch frappierende Gemeinsamkeiten, etwa die Suche nach neuen formalen Lösungen oder der Versuch, Folkloristisches in ihre musikalische Sprache zu integrieren. Lohnende Querbezüge also, die Dirigent Adam Fischer da am Wochenende zum Vorschein brachte, während er den gespielten Werken allesamt den Stempel seiner Persönlichkeit aufdrückte. Das bedeutete einen schwungvollen bis musikantischen Zugriff, reichlich Sentiment und Brillanz, zuweilen freilich auch etwas mehr Temperament als Kontur. Lustvolle Gemütlichkeit So etwa bei Zoltán Kodálys Tänzen aus Galánta, die mit den Symphonikern dem Gestus von Ländlern und Polkas einschlägiger Wiener Komponisten gar nicht so unähnlich schienen: Hübsch und lustvoll, wie sich besonders die Solobläser um die Verbunkos-Anklänge (meist von Roma gespielter "Werbetanz") bemühten, wenngleich auch das Ganze manchmal vielleicht um eine Spur zu gemütlich geriet. Ungleich straffer und konzentrierter wirkte das Orchester beim Rest des Programms: Massig, jedoch klar agierte es beim ersten Klavierkonzert von Franz Liszt, während Solist Denis Matsuev das Vorurteil blinder Virtuosität Lügen strafte: Der Gewinner des Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerbs von 1998 hauchte auch den noch so gemeißelten Oktavläufen und Kaskaden Farbe ein und schaffte durch meisterliche Gestaltung kleiner zeitlicher Freiheiten Kantabilität und Tiefe. Geerdet statt nach den Sternen greifend dann die erste Symphonie von Johannes Brahms mit ihrem Alphorn-Zitat, das der Komponist auch als Gruß an Clara Schumann verwendet hatte: Der gedankenvolle Erstling erklang einmal nicht als grüblerisches Formproblem, sondern als vitales, kraftvolles Gebilde, woran sich wiederum die Musikerinnen und Musiker des Orchesters mit vielen individuellen Ansätzen beteiligten. Dankbarer Applaus.
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